246 Kilometer in Sandalen – Purity Jenninger im Interview

246 Kilometer in Sandalen – Purity Jenninger im Interview


Purity Jenninger hat etwas geschafft, das viele von uns kaum begreifen können. Sie ist im Jahr 2023 als erste Kenianerin beim legendären Spartathlon, einem der härtesten Ultraläufe der Welt, gestartet und hat die 246 Kilometer auch direkt gefinisht. Dieses Jahr kehrt sie zurück nach Griechenland und plant die gesamte Strecke in Shamma Sandalen und Maasai-Tracht zu laufen. Die diesjährige Auflage des Spartathlon findet vom 27. bis 28. September statt und führt traditionell von Athen nach Sparta. Wer ihn meistern möchte, hat maximal 36 Stunden dafür Zeit.

Doch wer genau ist eigentlich Purity Jenninger und was treibt sie an? Wir haben mit Purity über ihre außergewöhnliche Geschichte gesprochen. Dabei wollten wir erfahren, was sie zu ihren beeindruckenden Leistungen antreibt, wie sie sich auf ihre extremen Herausforderungen vorbereitet und warum sie dabei oft barfuß oder in Sandalen läuft.

Purity, du bist unglaubliche 246 Kilometer beim legendären Spartathlon gelaufen. Einen Großteil davon in Sandalen. Wie fühlt es sich an, in Sandalen solche extremen Strecken zurückzulegen?

Es fühlt sich ungewohnt, aber tief verbunden an. Jeder Schritt in Sandalen ist intensiver – näher an der Erde, näher am Schmerz, aber auch näher an dem, wofür ich laufe: für Kinder und Familien, die täglich leiden. Das gibt mir unglaublich viel Kraft.

Auf deinem Instagram-Kanal sieht man sofort, dass du mit deinen Läufen etwas Gutes bewegen möchtest. Was treibt dich dabei an und warum liegt dir das so am Herzen?

Ich weiß, wie sich Hunger, Angst und Hoffnungslosigkeit anfühlen – ich bin damit aufgewachsen. Deshalb laufe ich nicht nur für mich, sondern vor allem für die Kinder und Familien in meiner Heimat, die kein sicheres Zuhause, kein Essen und keine Perspektive haben.

Meine Läufe sind mein Weg, ihre Stimmen hörbar zu machen. Wenn ich laufe, spüre ich ihre Stärke – und ich möchte zeigen, dass auch aus Schmerz etwas Gutes entstehen kann. Genau das treibt mich jeden Tag an.

Gab es während deiner Läufe schon mal einen Moment, an dem du wirklich kurz davor warst, aufzugeben? Was hat dir dann geholfen, trotzdem weiterzumachen?

Oh ja, solche Momente gab es – und nicht nur einmal. Wenn der Körper völlig erschöpft ist, die Schmerzen unerträglich werden und der Kopf fragt: „Warum tust du dir das an?“

Dann denke ich an die Menschen, für die ich laufe. An die Kinder, die keine Wahl haben und jeden Tag durchhalten müssen. Und plötzlich kehrt die Kraft zurück. Ein Lächeln von jemandem am Streckenrand, eine liebe Nachricht oder der Gedanke an meine Familie geben mir zusätzlich Mut. Aufgeben ist dann einfach keine Option mehr.

Aktuell bereitet sich Purity auf ein weiteres außergewöhnliches Abenteuer vor: den Afrika Run im November 2025. Dieser Lauf führt sie 200 Kilometer durch Hitze, Sand und die wilde Natur Afrikas – und das alles innerhalb von nur fünf Tagen.

Purity, wie bereitest du dich körperlich und mental auf so eine extreme Herausforderung vor?

Eigentlich war der Afrika Nomaden Run für November geplant – 200 Kilometer durch Hitze, Sand und wilde Natur. Leider hat es finanziell nicht ganz gereicht, deshalb musste ich die Teilnahme verschieben.

Stattdessen laufe ich in diesem Jahr wieder den Spartathlon und plane fest, am Ultra X Tanzania vom 23. bis 27. Februar 2026 teilzunehmen. Dort laufe ich 220 Kilometer in fünf Tagen, in einem Land direkt neben meiner Heimat Kenia. Die geografische Nähe hilft mir auch, die Reisekosten leichter zu stemmen.

Ich hoffe sehr, dass ich bis dahin weitere Unterstützer finde und genügend Spenden sammeln kann – damit ich nicht nur mitlaufen, sondern auch weiterhin Gutes bewirken kann.

Wie kam es eigentlich dazu, dass du mit dem Ultralaufen angefangen hast? War das schon immer ein Ziel von dir, oder hat sich das eher zufällig ergeben?

Nachdem ich vor einigen Jahren knapp 40Kilo abgenommen hatte, begann ich mit dem Laufen – und liebte es sofort. Die Ultraläufe kamen eher zufällig dazu. Vor etwa sieben Jahren las ich ein Laufbuch und stieß erstmals auf die Geschichte des Spartathlon.

Ich konnte kaum glauben, dass es ein so extrem langes Rennen gibt – und dass noch nie eine Kenianerin das Ziel erreicht hatte. Auch die kenianische Fahne fehlte dort völlig. Das berührte und motivierte mich zutiefst.

Ich wollte es versuchen – die Qualifikation schaffen und die Strecke bewältigen. 2023 war es dann so weit: Nach unzähligen Kilometern, Schmerzen und Zweifeln erreichte ich das Ziel – als erste Kenianerin überhaupt. Und heute hängt die kenianische Fahne unter meinem Namen in Sparta.💥

Du läufst nicht nur in Sandalen, sondern auch in traditioneller Maasai-Kleidung. Gibt dir das ein besonderes Gefühl beim Laufen, und wie reagieren die Menschen darauf?

Ja, das gibt mir ein ganz besonderes Gefühl. Die Maasai sind ein stolzes Nomadenvolk, das schon immer lange Strecken in Sandalen zurücklegt. Mein Großvater war Maasai-Krieger, und ich bin selbst in dieser Tradition aufgewachsen. Wenn ich in Maasai-Kleidung laufe, erinnert mich das an meine Wurzeln, an meine Kindheit – und an all die Menschen, die mir geholfen haben, meinen eigenen Weg zu gehen.

Ich durfte zur Schule gehen, was in Afrika nicht selbstverständlich ist. Ich wurde vor Zwangsheirat, Beschneidung und anderen traumatischen Erfahrungen bewahrt. Dafür bin ich unendlich dankbar.

Wenn ich laufe, tue ich das mit tiefem Respekt – für meine Herkunft, für die Menschen, die mir geholfen haben, und für alle, denen ich mit meinen Läufen Hoffnung geben möchte.

Hier in Deutschland reagieren die Menschen wunderbar. Sie sind offen, herzlich und unterstützen meine Botschaft. Danke, dass ihr mich so annehmt, wie ich bin. 💝

In den kommenden Wochen werden wir pro verkaufter Shamma Elite Maximus Timberline Sandale – deinem persönlichen Lieblingsmodell – einen Betrag an dein Projekt spenden.

Purity, kannst du kurz erklären, was konkret mit den Spendengeldern passiert und wem du damit hilfst?

Ein großer Teil der Spenden geht an Frauen in meiner Heimat, die selbst kaum etwas besitzen, aber trotzdem Waisenkinder aufnehmen und ihnen ein Zuhause geben – auch wenn es oft an Essen, Medizin und Hoffnung fehlt.

Mit dem Geld möchte ich sicherstellen, dass diese Kinder regelmäßige Mahlzeiten bekommen, medizinisch versorgt werden und vor allem seelische Unterstützung erhalten. Viele haben schwere Traumata erlebt, manche sogar sexualisierte Gewalt.

Ich möchte auch schwangere Frauen unterstützen, die nicht wissen, wie es weitergeht, sowie Frauen in Not, die aus gefährlichen Situationen fliehen mussten.

Ein weiteres großes Ziel ist Bildung. In Kenia ist Schulbildung nicht kostenlos, aber sie ist der Schlüssel zu einer besseren Zukunft.

Jede verkaufte Sandale hilft also konkret dabei, Leben positiv zu verändern. Dafür bin ich von Herzen dankbar.

Abschließend haben wir Purity noch um einen persönlichen Ratschlag gebeten:

Was würdest du jemandem empfehlen, der gerade erst mit dem Laufen anfängt und vielleicht davon träumt, eines Tages auch solche Herausforderungen zu meistern wie du?

Ich würde sagen: Alles braucht seine Zeit – und das ist völlig okay! Niemand läuft sofort 200 Kilometer. Anfangs geht es vor allem darum, Spaß zu haben und sich gut zu fühlen. Gesundheit steht dabei immer an erster Stelle.

Der wichtigste Schlüssel? Glaube an dich selbst. Auch wenn es mal schwer wird, wenn Zweifel aufkommen oder die Beine streiken – bleib dran. Leidenschaft und Liebe öffnen Türen, die du dir nie erträumt hättest.

Ein bisschen Vernunft, viel Fleiß und ganz viel Herz – genau das macht dich stark. Und ja, Liebe macht wirklich alles schöner – sogar die Blasen an den Füßen! 😄

Ich bin dankbar für alles, was ich erleben darf – und wenn ich es geschafft habe, dann kannst du das auch. Schritt für Schritt. Dein Tempo, dein Weg. Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann bei einem Ultra! 💛

Liebe Purity, danke, dass du uns so offen an deiner Geschichte und deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Es ist beeindruckend zu sehen, mit wie viel Herzblut, Entschlossenheit und Freude du deine ganz persönliche Mission verfolgst – auf den Laufstrecken und darüber hinaus. Wir wünschen dir für alle kommenden Herausforderungen viel Erfolg und freuen uns, deine nächsten Schritte weiterhin begleiten zu dürfen.

runFree 🙏